Intralipid-Infusionen bei Kinderwunsch: Hoffnung bei ungeklärter Unfruchtbarkeit und wiederholtem Scheitern
- Dr. Carmen Schöll
- vor 3 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Wenn das Immunsystem zur Hürde wird
Es klingt paradox: Das Immunsystem, das uns tagtäglich vor Krankheiten schützt, kann im
Kinderwunschprozess zur echten Herausforderung werden. Immer wieder begegnen wir im
Kinderwunschzentrum Fertiliamed in Graz Frauen, die sich diese Frage stellen: Warum
klappt es nicht, obwohl alles passt? Eizellen, Spermiogramm, Gebärmutter – alles scheinbar
unauffällig. Und trotzdem bleibt die Einnistung aus. Oder es kommt zu wiederholten
Fehlgeburten.

In solchen Fällen lohnt sich ein Blick auf einen bisher wenig beachteten Faktor: das
Immunsystem. Und genau hier kommt Intralipid ins Spiel – eine vielversprechende
Zusatztherapie, die helfen kann, den Körper toleranter gegenüber dem entstehenden Leben
zu machen. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, was Intralipid ist, wie es wirkt, wann es
sinnvoll eingesetzt wird und wie die Behandlung bei uns in Graz abläuft.
Was ist Intralipid überhaupt?
Intralipid ist eine weiße, milchige Fettemulsion, die ursprünglich zur künstlichen Ernährung
von Patienten eingesetzt wurde, die keine Nahrung über den Magen-Darm-Trakt aufnehmen
konnten. Die Infusionslösung besteht vor allem aus Sojaöl, Glycerin und Wasser und liefert
essenzielle Fettsäuren.
In der Reproduktionsmedizin wurde zufällig entdeckt, dass Intralipid auch eine
immunsuppressive Wirkung hat – also die Überreaktion bestimmter Immunzellen dämpfen
kann. Heute wird Intralipid im "off-label-use" – also außerhalb seiner ursprünglichen
Zulassung – zur Behandlung immunologisch bedingter Fruchtbarkeitsprobleme eingesetzt.
Welche Rolle spielt das Immunsystem beim unerfüllten Kinderwunsch?
Unser Immunsystem ist darauf programmiert, alles Fremde zu bekämpfen. Eine
Schwangerschaft stellt dabei eigentlich einen Ausnahmezustand dar: Der Embryo enthält zur
Hälfte fremdes Erbgut (vom Vater) – trotzdem darf er nicht abgestoßen werden.
Es kann passieren, dass dieser fein abgestimmte Mechanismus aus dem Gleichgewicht
gerät.
Die Folge:
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind überaktiv und verhindern die Einnistung.
Das Verhältnis der T-Helferzellen (TH1/TH2) ist verschoben: Statt toleranzförderndenTH2-Zellen überwiegen die entzündungsfördernden TH1-Zellen.
Autoimmunreaktionen greifen möglicherweise die Gebärmutterschleimhaut oder den
Embryo an.

All das kann dazu führen, dass sich ein Embryo nicht einnisten kann – oder in den ersten
Wochen nach der Einnistung wieder abgestoßen wird. Mediziner sprechen dann von
Implantationsversagen oder habituellen Aborten.
Wann kommt Intralipid zum Einsatz?
Intralipid wird nicht bei jeder Kinderwunschbehandlung eingesetzt. Es kommt bei bestimmten
Voraussetzungen gezielt zum Einsatz. Vor allem in folgenden Situationen prüfen wir bei
Fertiliamed, ob eine Intralipid-Therapie sinnvoll sein könnte:
1. Wiederholtes Implantationsversagen
Wenn mindestens drei Embryotransfers mit qualitativ hochwertigen Embryonen keine
Einnistung erbracht haben, spricht man von Implantationsversagen. Das ist ein klassisches
Einsatzgebiet für Intralipid.
2. Wiederholte Fehlgeburten (habituelle Aborte)
Besonders im ersten Trimester können überaktive Immunzellen eine Schwangerschaft
stören. Intralipid hilft hier, das Immunsystem zu modulieren.
3. Auffällige immunologische Befunde
Bei erhöhten NK-Zell-Aktivitäten oder einem gestörten TH1/TH2-Verhältnis kann Intralipid
helfen, dies ist beispielsweise nach einer diagnostizierten chronischen Endometritis der Fall.
Intralipid kann den Spiegel von überhöhten Entzündungsfaktoren (IL-2, TNF-α, IL-1β) senken
und überschießende Abwehrreaktionen des Körpers gegenüber dem Embryo verhindern.
4. Autoimmunerkrankungen
Bei Erkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder anderen autoimmunen Prozessen kann
Intralipid eine modulierende Wirkung haben.
Was sagt die Wissenschaft dazu?
Die Studienlage rund um Intralipid ist ermutigend, auch wenn weitere Forschung notwendig
ist. In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass durch die Gabe von Intralipid sowohl die
Implantations-, als auch die Lebendgeburtenrate positiv beeinflusst werden konnte.
Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass Intralipid eine reale Chance bieten kann –
insbesondere bei Frauen, die bereits mehrere erfolglose Kinderwunschzyklen hinter sich
haben.
Vielleicht kann Ihnen die folgende Grafik (aus Fertility and Sterility® Vol. 117, No. 6, June
2022) helfen, den Effekt von Intralipid selbst besser einzuschätzen:

Wie läuft eine Intralipid-Behandlung bei Fertiliamed ab?
1. Diagnostik
Bevor eine Intralipid-Infusion empfohlen wird, stellen wir vorab eine Diagnose, ob eine
Behandlung mit Intralipid sinnvoll ist.
2. Individuelle Planung
Wenn sich Hinweise auf eine immunologische Störung zeigen, besprechen wir mit Ihnen den
besten Zeitpunkt für die Gabe. Der Zeitpunkt der Infusion kann von Frau zu Frau
unterschiedlich sein. In den meisten Fällen macht es Sinn 1-2 Infusionen vor dem geplanten
Embryotransfer zu geben und ab dem positiven Schwangerschaftstest weitere Infusionen.
3. Durchführung
Die Intralipid-Infusion wird unter sterilen Bedingungen in unserem Labor aufbereitet und
ambulant bei uns im Institut verabreicht:
Dauer: ca. 1–2 Stunden
Überwachung durch erfahrenes Fachpersonal
Ruhige, entspannte Umgebung in unserer Tageslounge
Gibt es Nebenwirkungen oder Risiken?
Intralipid wird seit Jahrzehnten in der Intensivmedizin verwendet – entsprechend gut ist die
Verträglichkeit dokumentiert.
Typische Nebenwirkungen sind selten, können aber sein:
Überempfindlichkeit (bei Allergie gegen Soja oder Ei)
Lokale Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle
Leichte Kopfschmerzen oder Übelkeit
Vor der Behandlung erfolgt immer eine sorgfältige Anamnese. Intralipid ist nicht hormonell
wirksam und beeinflusst nicht die Eizellreifung oder den Zyklus direkt.
Warum wir bei Fertiliamed ganzheitlich denken
Intralipid ist keine Wunderlösung – aber sie ist ein wichtiges Werkzeug in der modernen
Reproduktionsmedizin. Besonders dann, wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind, und
der unerfüllte Kinderwunsch zum Rätsel wird.

Unsere Philosophie bei Fertiliamed ist: medizinisch präzise, menschlich nah.
Wir sehen nicht nur die Laborwerte, sondern den Menschen. Und manchmal bedeutet das auch, mutige neue Wege zu gehen. Intralipid ist einer davon.
Unser Ziel ist es, Ihnen neue Perspektiven zu eröffnen – mit Fachwissen, Herz und echter
Hingabe.
Häufige Fragen zu Intralipid
Ist Intralipid ein Medikament oder ein Nahrungsergänzungsmittel?
Intralipid ist ein zugelassenes Arzneimittel zur parenteralen Ernährung, das in der
Reproduktionsmedizin im off-label-use verwendet wird.
Wer bezahlt die Behandlung?
In der Regel handelt es sich um eine Selbstzahler-Leistung. Wir klären Sie vorab transparent
über Kosten und Nutzen auf.
Kann ich Intralipid auch ohne IVF einsetzen?
Ja. In Einzelfällen kann auch bei natürlichem Zyklus oder Inseminationen eine
immunologische Unterstützung sinnvoll sein.
Ist die Behandlung schmerzhaft?
Nein. Die Infusion wird langsam verabreicht und in der Regel gut vertragen.
Ihr nächster Schritt: Lassen Sie uns gemeinsam hinschauen
Vielleicht haben Sie schon viel versucht. Vielleicht wissen Sie gerade nicht weiter. Vielleicht
wurde Ihnen gesagt, es sei alles "in Ordnung" – und trotzdem spüren Sie: Da ist noch etwas.
Dann laden wir Sie herzlich ein: Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf das werfen, was
bisher vielleicht übersehen wurde. Wir prüfen genau, ob eine Intralipid-Therapie für Sie
sinnvoll sein könnte.
Oder rufen Sie uns an: +43 316 822 015
Unser Team freut sich auf Sie – mit echtem Verständnis und der Expertise, die Sie
verdienen.
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